Über Capoeira

Sklaverei, Widerstand, Kulturgut, Lebensphilosophie, Nationalsport, Kampfkunst, Fitness, Trendsport...


Die Geschichte der Capoeira ist im Vergleich zu anderen Kampfkünsten eher jung, dennoch sind es nunmehr ca. 500 Jahre (die Anfänge werden auf das 16./17. Jahrhundert zurückdatiert) seitdem die ersten Sklaven aus verschiedenen Regionen Ost-Afrikas nach Brasilien verschifft wurden.

Man ist sich weitestgehend einig darüber, dass die Capoeira erst in Brasilien, durch verschiedene kulturelle Einflüsse entstanden ist und sich seitdem über viele Epochen hinweg zu einer international bekannten und einzigartigen Kunstform entwickelte.

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war Capoeira Teil des kulturellen, sozialen und gesellschaftlichen Widerstands der Sklaven und marginalisierten Gesellschaft in Brasilien. Im Rahmen der damaligen nationalen und internationalen politischen Interessen, wurde Capoeira bewusst in ein schlechtes Licht gerückt. Begriffe wie Gewalt, Kriminalität und Illegalität standen synonym für die Capoeiragem oder Vadiacao (damalige Bezeichnung für Capoeira). 1892 wurde die Capoeira gesetzlich verboten und jeder der sich diesem Verbot widersetzte, wurde hart bestraft. Trotz des Verbots lebte Capoeira im Untergrund weiter, vor allem aber für diejenigen, die sich bemühten Capoeira in eine positives Licht zu rücken.

In der Geschichte der Capoeira werden die 1930er Jahre als wichtiger Wendepunkt gesehen. Die Gesellschaft Brasiliens gewann zunehmend positives Interesse an Capoeira und auch die Kampfkunst als solches veränderte sich inhaltlich. Capoeira als brasilianisches Kulturgut gewann zunehmend an Bedeutung. Eine große Verantwortung dafür trägt Mestre Bimba, bekannt unter dem bürgerlichen Namen Manoel dos Reis Machado. Neben seinen Leistungen begann die neue Regierung der 1930er Jahre unter der Führung des Präsidenten Getúlio Vargas mit den afrobrasilianischen Kulturpraktiken zu sympathisieren, was die Arbeit mit Capoeira in der Öffentlichkeit enorm erleichterte. Das führte dazu, dass im Jahre 1934 das Gesetz zum Verbot der Ausübung von Capoeira und afro-brasilianischer Religionen aufgehoben wurde. Jedoch durfte man Capoeira nur mit einer polizeilichen Erlaubnis in geschlossenen Räumen ausüben, um die Kontrolle von staatlicher Seite beizubehalten. Damit begann die Ära der Instutionalisierung. Parallel war auch die Arbeit von Mestre Pastinha, dem Begründer der Capoeira Angola von Bedeutung, jedoch genoss sie weitaus weniger die öffentliche Akzeptanz und Anerkennung wie die Capoeira Regional.

 Mit der zunehmenden nationalen Ausbreitung der Capoeira Regional und weiteren bedeutungsvollen Entwicklungen seit den 1960er Jahren (z.B. Senzala in Rio de Janeiro, Mestre Damiao und Suassuna in Sao Paulo) gewann die Capoeira auch intenational an Bekanntheit. Die ersten Schulen in Europa und den USA sind seit den 1980er Jahren zu verzeichnen.

Seit den 1990er Jahren verbreiteten sich unzählige Gruppen in nahezu jeder Stadt Europas. Zu den größten Capoeira-Gruppen oder Vereinen zählt unter anderem Abadá mit zirka 45.000 Mitgliedern in 46 Ländern weltweit. In Europa existiert die Gruppe in zirka 12 Ländern, darunter Deutschland,

Belgien, Frankreich, Portugal, Österreich, Schweiz, Russland, Italien, Spanien, Griechenland, Polen und Luxemburg. Eine weitere Gruppe ist Muzenza, mit etwa 15.000 Mitglieder in 23 Ländern auf der ganzen Welt, davon in fünf Ländern Europas und Topázio, dessen Mitgliederzahl sich weltweit auf gut 10.000 schätzen lässt. Topázio ist aktuell in Spanien, Italien, Portugal, der Schweiz und Deutschland vertreten.

Die Verbreitung der Capoeira in Europa nimmt stets zu. Neben den großen Gruppen und Organisationen, die nahezu in jeder Stadt Europas ihre Schulen haben, entstehen parallel eine Vielzahl von kleinen Gruppen, die keiner größeren Vereinigung angehören. Allein in München ist die Zahl dieser Gruppen längst nicht mehr zu überschauen.